22.01.2009 - Das Wort zum Sonntag in der Butzbacher Zeitung (Freitag) und in der Wetterauer Zeitung (Sonnabend) wendet sich diesem Thema zu.


Von Gott berührt

Eine „böse, grausame Nacht“ liegt hinter Friedberg. Am Abend des 19. Januar standen – ganz unabhängig voneinander – zwei Wohnhäuser in Flammen. Drei Menschen starben. Viele Menschen haben kein Dach über dem Kopf. Jedes dieser beiden Ereignisse für sich genommen erschreckt uns, mehr noch die Doppelung der beiden Brände an einem Abend in einer Stadt.

 

j.michalik
Joachim Michalik,
Dekanatsreferent

Vor meinem inneren Auge sehe ich neben und in all’ dem Schrecken viele kleine und große Wunder. Ich sehe mehrere hundert Einsatzkräfte der Feuerwehren, der Polizei, der Rettungsdienste, des Katastrophenschutzes, der Stadtverwaltung und der Notfallseelsorge, die angesichts dieses Chaos die Nerven behalten, ihr Handeln aufeinander abstimmen und Hand in Hand an der Rettung der Menschen und dem Schutz der Sachwerte arbeiten.

Ich erlebe Feuerwehrleute, die besonnen und zugleich mutig in einer Weise handeln, die niemand von ihnen erwartet hätte. Ich habe ganz normale Menschen vor Augen, die ihre Wohnungen für erschöpfte Atemschutzgeräteträger als Rückzugsräume geöffnet haben. Sie gaben ihnen was sie gerade benötigten, manchmal Ruhe, manchmal Getränke, manchmal beides. Ich denke an Menschen, die die obdachlos gewordenen Nachbarn aufnehmen, bei ihnen bleiben und ihren Schrecken vor dem Feuer aushalten.

All das sind Menschen, die wir umgangssprachlich als Helden bezeichnen. Die so Angesprochenen sagen dann in aller Regel: „Ach, Quatsch, ich hab’ doch nur getan, was ich tun musste.“ Ich glaube, das stimmt. In einer solchen Situation handeln Menschen, weil sie nicht anders können. Sie setzen sich und ihr Leben ein, weil es sie von innen her drängt.

Als Christ glaube ich, dass Gott diese Menschen von innen berührt und sie so selbstlos handeln lässt. Gottes heiliger Geist schafft es, dass Menschen über sich hinaus wachsen. Bildung, Herkunft, Religion, Geschlecht: auf solche Unterschiede kann Gott keine Rücksicht nehmen, wenn es gilt Menschen zu helfen.

Weil Gott keine anderen Hände hat, als die Hände der Menschen, braucht er jede Hand jedes Menschen jeden Tag, auch wenn die Not nicht immer so offensichtlich ist wie in der Brandnacht.


Joachim Michalik, einer von 18 Notfallseelsorgern in der Wetterau,
Dekanatsreferent im Katholischen Dekanat Wetterau-West